Spiekeroog ist mein absoluter Liebling unter den ostfriesischen Inseln. „Die Grüne“ trägt ihren Namen auch nicht zu Unrecht: Wer eine fast unberührte Dünenlandschaft, ganz viel Natur und noch mehr Ursprünglichkeit sucht, ist hier richtig!

Und immer ist das Wasser weg…

Spiekeroog liegt, genau wie ihre Schwestern, im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer. Das bedeutet, dass mindestens einmal am Tag das Wasser weg ist…

Doch was einige Menschen vielleicht befremdlich, wenn nicht sogar als störend empfinden („Ich fahre auf eine Insel, weil ich im Urlaub Meer um mich haben möchte und nicht nur Schlamm!“), finde ich faszinierend. Denn bedingt durch Ebbe und Flut, die durch die Gravitationskräfte von Sonne und Mond zustande kommen, sind einzigartige Lebensräume für Tiere und Pflanzen entstanden: Watt, Salzwiesen und Dünen.

Von all diesen drei Lebensräumen hat Spiekeroog eine Menge zu bieten und diese können bei einem Spaziergang um die Insel erkundet werden. Erklärtafeln an den Wegen beschreiben dem Wissensdurstigen genau, was er oder sie vor sich hat und was daran besonders ist.

Spiekeroogs Bevölkerung besteht nicht nur aus Menschen

Kaum hat man seinen Fuß auf die Insel gesetzt, merkt man bereits, dass hier etwas anders ist als auf dem Festland: Es gibt keine Autos! Damit ist Spiekeroog eine der fünf autofreien, ostfriesischen Inseln. Die anderen sind Juist, Langeoog, Baltrum und Wangerooge. Und sogleich beginnt auch die Erholung: Keine Motorengeräusche, kein Gehupe, kein Quietschen von Bremsen. Dafür im Gegenzug Meeresrauschen, Wind und die Rufe der Vögel.

Diese machen übrigens einen großen Teil der Bevölkerung der Insel aus. Nicht nur in Zeiten des Vogelzugs im Frühling und Herbst, sondern das ganze Jahr über. Vor allem das Wester- und Ostergroen und die große Ostplate bieten den gefiederten Besuchern sowohl Rückzugsmöglichkeiten, als auch einen reich gedeckten Tisch und geschützte Brutplätze. Deswegen sollte die Ostplate vom 1. April bis zum 31. Juli nicht betreten werden – auch wenn einige Wege hindurch bis an das Ostende der Insel führen. Nur so können unsere gefiederten Freunde ungestört brüten, ihre Jungen aufziehen und den Fortbestand ihrer Art sichern!

Seite an Seite mit dem Grand Canyon und dem Great Barrier Reef

Außerhalb dieser Zeit kann die Ostplate natürlich schon begangen werden – jedoch nur auf den vorgeschriebenen Wegen. Denn die Ostplate ist nicht nur Naturschutzgebiet, sondern gehört sogar der höchsten Schutzgebietskategorie Deutschlands an, was sie zu einem Herzstück des Weltnaturerbes Wattenmeer macht.

Ja, Du hast richtig gelesen: Das Wattenmeer, welches sich von den Niederlanden über Deutschland bis hin nach Dänemark erstreckt, ist als Weltnaturerbe anerkannt – und das bereits seit 2009! Solch einen Status erhält lange nicht jede Region der Erde. Doch das Wattenmeer vor unserer Haustür besitzt aufgrund seiner Bedeutung für den Erhalt der biologischen Vielfalt als auch wegen seiner geologischen und ökologischen Prozesse eine weltweit herausragende Bedeutung! Und steht damit auf einer Stufe mit dem Grand Canyon und dem Great Barrier Reef!

Eine halbe Insel für Vögel und Wissenschaftler

Die Ostplate ist darüber hinaus nicht nur für Vögel ein einzigartiges Gebiet, sondern auch für Wissenschaftler: Diese brüten hier natürlich nicht, sondern studieren vielmehr die Entstehung von Inseln! Das war einer der Gründe, warum dem Wattenmeer der Status des Weltnaturerbes verliehen wurde. Und es erklärt, warum die Ostplate nur auf den ausgewiesenen Wegen betreten werden darf.

Vor noch gar nicht so langer Zeit, nämlich in den 1950er Jahren, war diese Region Spiekeroogs nichts weiter als eine nackte Sandbank – mit tatsächlich nichts weiter als Sand so weit das Auge reichte. Doch in den darauffolgenden Jahrzehnten begann sich das Gebiet zu verändern: Zuerst entstanden Primärdünen, welche sich irgendwann zu Sekundär- und schließlich zu Terziärdünen entwickelten. Zeitgleich dazu, schließlich bedingt es die Dünenentwicklung, begann der Bewuchs der typischen Dünenvegetation. Und auch die Salzwiesen entstanden während dieser Zeit.

Und ein Stillstand ist noch lange nicht abzusehen! Das Gebiet auf der Ostplate verändert sich kontinuierlich weiter. Vielleicht nicht immer merklich, um tatsächlich Unterschiede erkennen zu können wenn wir beim nächsten Urlaub dort sind, doch die Veränderungen geschehen stetig.

Höchster Berg und dunkelster Ort

Wer denkt, dass in Ostfriesland und auf den ostfriesischen Inseln alles flach ist, liegt übrigens komplett daneben. Denn auf Spiekeroog befindet sich der höchste, natürlich entstandene Berg Ostfrieslands! Es ist die „Wittdün“, die weiße Düne. Stolze 24 Meter erhebt sie sich über dem Meeresspiegel! Und da muss man erstmal raufkommen.

Neben diesem höchsten Berg Ostfrieslands kann Spiekeroog auch noch mit anderen erstaunlichen Plätzen aufwarten: Beispielsweise ist diese Insel einer der dunkelsten Orte Deutschlands! Und nein, das kommt nicht daher, dass die Spiekerooger sparen müssen und daher abends die Straßenbeleuchtung im Ort ausschalten. Es ist der Tatsache geschuldet, dass der Ort Spiekeroog recht klein ist – verglichen mit dem Ausmaß der restlichen Insel. Deswegen findet man überall auf der grünen Insel Plätze, an die keine künstliche Beleuchtung heranreicht und an denen deswegen der Sternenhimmel bewundert werden kann. Das geht zwar im Ort selber (trotz Beleuchtung) auch, doch erst an den Stellen, an denen es keinerlei künstliche Lichtquellen mehr gibt, offenbart sich einem die wahre Schönheit des Abend- und Nachthimmels! Deswegen wurde Spiekeroog auch von der International Dark Sky Association (IDA) in den Rang einer Sterneninsel gehoben!

Solche Plätze, an denen es keinerlei künstliche Beleuchtung mehr gibt, sind übrigens viel zu rar gesät in unserer heutigen Zeit. Denn dieses Licht, welches selbst die dunkelste Nacht erhellt, birgt Gefahren: Beispielsweise werden Zugvögel, von denen die meisten nachts fliegen und sich somit an den Sternen orientieren, durch diese künstlichen Lichtquellen von ihrer eigentlichen Route abgelenkt. Durch die entstandene Verzögerung kann es daher passieren, dass die Tiere jämmerlich auf ihrem Weg verenden, weil ihre angefressenen Fettreserven nicht ausreichen, um ihren Brutplatz im Norden oder das Überwinterungsgebiet im Süden zu erreichen!

Die grüne Insel: Ein Genuss für alle Jahreszeiten

Ein Besuch auf Spiekeroog ist übrigens nicht nur etwas für den Sommer. Auch in den anderen Jahreszeiten kann diese Insel mit tollen Naturerlebnissen aufwarten: Im Frühling und Herbst gibt es zu den Vogelzugzeiten beispielsweise viele Gelegenheiten, unsere gefiederten Freunde zu beobachten. Im Herbst zu den Zugvogeltagen gibt es außerdem jedes Jahr sehr viele gut gemachte und spannende Exkursionen, Vorträge und weitere Attraktionen.

Des Weiteren verzaubern uns vom Frühling bis in den Herbst hinein zudem die Salzwiesen mit einer einzigartigen Farbenpracht: Die Strand-Grasnelke bildet im Frühling beispielsweise mit ihren zartrosa Blüten einen schönen Kontrast zu den dunkelgrünen Stängeln des Andelgrases, im Spätsommer verwandeln Strandflieder und Strandaster die Salzwiesen in ein lila Blütenmeer und im Herbst tauchen Queller und Strandsode sie in ein sattes Rotbraun.

Und last but not least bietet der Winter vor allem für ruhesuchende Natur-Urlauber die perfekte Gelegenheit zum Runterfahren und sich erholen. Zuerst, warm eingemummelt in eine dicke Jacke und mit festen Schuhen an den Füßen, kann bei einem Strandspaziergang die heilende Meeresluft eingeatmet werden. Weit und breit finden sich dann nur Sand, Strand, Dünen und das beständige Meeresrauschen. Auch die anderen Teile der Insel sind fast menschenleer, so dass man das Gefühl bekommt, der einzige Mensch auf der Welt oder zumindest auf diesem naturbelassenen Kleinod zu sein. Wer sich im Anschluss aufwärmen möchte, kann das bei einer friesischen Teezeremonie tun oder bei einem Saunagang, einer Massage, einem warmen, entspannenden Bad oder einer Heilschlickbehandlung. Nicht umsonst ist Spiekeroog ein anerkanntes Thalasso-Nordseeheilbad!

Du siehst: Die perfekte Insel, um die Natur als Kraftquelle  und zusätzlich als Regenerationsquelle zu erleben und zu genießen! Probiere es einfach einmal aus und plane beispielsweise ein verlängertes Wochenende oder am besten gleich den nächsten Urlaub dort ein! Und wer weiß – vielleicht sehen wir uns ja dort?

Heidemarie