Anfang Juni beginnt das Johanniskraut (Hypericum perforatum L.), eine unserer bekanntesten heimischen Heilpflanzen, zu blühen. In lichten Wäldern, auf Wiesen, Weiden, an Wegrändern, Bahndämmen und vor allem auf Brachäckern wird es nun gelb. Passend dazu widmet sich auch mein monatlicher Naturimpuls dieser Pflanze.

Außen gelb, innen rot: So erkennst Du das Johanniskraut

Johanniskraut ist eine ca. 100 cm hohe, krautige Pflanze, dessen obere Enden sich buschig verzweigen. Der Stängel hat beim Echten bzw. Tüpfel-Johanniskraut, welcher zu Heilzwecken verwendet wird, zwei Kanten! Das kannst Du ganz leicht fühlen. Die elliptisch geformten Blätter sitzen außerdem ohne Stiel am Stängel. Auch das ist ein weiteres, wichtiges Erkennungsmerkmal.

Wenn Du ein Blatt ins Licht hältst, siehst Du, dass das gesamte Blatt wie durchlöchert wirkt (deswegen auch der lateinische Name „perforatum“ (perforiert)). Doch das, was aussieht wie Löcher, sind in Wahrheit Öldrüsen. Die gesamte Pflanze ist davon übersäht. Auch die fünf Blütenblätter, welche unsymmetrisch und an einer Seite gezähnt sind, besitzen diese Drüsen. Die findest Du bei den Blüten vor allem an den Blütenblatträndern. Das darin enthaltene Öl ist das Hypericin. Dieses färbt Deine Finger rot, sobald du eine Blüte zerreibst.

Die typischen Erkennungsmerkmale beim Echten Johanniskraut sind also:

  • zweikantiger Stängel
  • Blätter sitzen ohne Stiel am Stängel
  • von vielen Öldrüsen perforierte Blätter und Blütenblätter
  • fünf unsymmetrische, gelbe Blütenblätter; an einer Seite gezähnt
Johanniskraut - Bestimmungsmerkmale
Johanniskraut - Bestimmungsmerkmal an Blüten

Die Heilkräfte des Johanniskraut

Wer den Namen Johanniskraut hört, der denkt meist sofort an die stimmungsaufhellende Wirkung. Denn bereits der Arzt, Alchemist und Naturforscher Paracelsus (1493 bis 1541) empfahl diese Pflanze gegen Depressionen und Melancholie. Diese Heilkräfte gelten heutzutage auch als gesichert. Denn sowohl von der Kommission E als auch von ESCOP, zwei der Gesellschaften, welche klinische Studien zu Wirksamkeit von Pflanzen durchführen, erhielt das Johanniskraut eine positive Monografie. Das bedeutet, die Wirksamkeit gilt als erwiesen!

Doch die Pflanze kann noch viel mehr, auch wenn die Verwendung (noch) nicht durch klinische Studien unterstützt wird: Beispielsweise können mit dem sogenannten Rotöl Schnitt- und Schürfwunden, Verbrennungen ersten Grades, Sonnenbrand und Hexenschuss behandelt werden. Das wird in der Volksheilkunde schon lange gemacht. Denn die vielen Perforationen in den Blättern und Blüten galten in alter Zeit als ein Hinweis darauf, dass man diese Pflanze zur Heilung von Hieb- und Stichverletzungen einsetzen kann.

Herstellung von Rotöl

Rotöl kannst du ganz leicht selber herstellen!

Du brauchst ca. 2 Handvoll blühendes Kraut, also sowohl Knospen, Blüten, Früchte als auch Blätter. Diese füllst Du in ein Glasgefäß und quetschst alles leicht an. Am besten geht das mit einem Mörser. Durch das Anquetschen werden die Zellwände der Pflanze zerstört, was dazu führt, dass der rote Farbstoff, also das Hypericin, austritt. Das alles übergießt Du mit Sonnenblumen- oder Jojobaöl. Achte dabei darauf, dass alle Pflanzenteile vom Öl bedeckt sind. So kann das Hypericin einfach in das Öl übertreten.

Verschließe dann das Glasgefäß, stelle es für 6 bis 8 Wochen in die Sonne und schüttele es täglich. Du kannst nun quasi zusehen, wie das Öl von Tag zu Tag einen rötlicheren Ton annimmt.

Johanniskraut - Rotöl in verschiedenen Stadien

Nach 6 bis 8 Wochen seihst Du alles ab und bewahrst das so entstandene Rotöl in dunklen Flaschen auf. So gelagert ist es ein Jahr haltbar.

Meine favorisierte Teemischung: Tee gegen trübe Stimmung

Dieser leckere Tee, den Du Dir einfach selber zusammenstellen kannst, tut einfach gut. Wenn Du traurig bist oder auch an einem trüben Wintertag, wenn sich die Sonne so gar nicht hat blicken lassen, geht es Dir nach den ersten Schlückchen dieses Tees sofort wieder besser – einfach dadurch, dass er so lecker schmeckt.

Dazu mischst Du zu gleichen Teilen diese getrockneten Pflanzen:

  • Johanniskraut
  • Ringelblumenblüten
  • Rosenblüten
  • Kamillenblüten
  • Melissen- (oder Zitronenmelissen-)blätter

Von dieser Mischung gießt Du ca. 1 Teelöffel mit heißem, nicht mehr kochendem Wasser in einer Tasse auf und lässt es 10 Minuten ziehen. Anschließend abseihen und – im Winter am besten gut eingekuschelt unter einer warmen Decke – genießen. Na, lächelst Du schon?

Johanniskraut sammeln

In vielen Büchern als auch auf einigen Websites ist zu lesen, dass das Johanniskraut am 24. Juni gesammelt werden soll, weil es an dem Tag am heilkräftigsten ist. Dieses Datum geht darauf zurück, dass der 24. Juni der Johannitag ist – an dem Tag soll Johannes der Täufer geboren sein. Von diesem hat das Johanniskraut seinen Namen. Und nicht nur den deutschen. Auch der englische (St. John‘s Wort) und der spanische (Hierba de San Juan) weisen auf diesen Mann hin.

Doch warum soll das Kraut ausgerechnet und ausschließlich an diesem Datum gesammelt werden? Das liegt wahrscheinlich daran, dass drei Tage zuvor die Sommersonnenwende ist. An diesem Tag, dem 21. Juni, dem längsten Tag des Jahres, steht die Sonne an ihrem höchsten Punkt am Himmel und hat folglich auch die meiste Kraft. Und da das Johanniskraut bereits schon zu Paracelsus Zeiten als Sonnenpflanze bekannt ist, die ihre (Heil-)Kraft von der Sonne bezieht, wurde angenommen, dass auch die Heilwirkung dieses Krauts an dem Tag am größten ist.

Meiner Erfahrung nach kann das in dem einen oder anderen Jahr zwar durchaus hinkommen, doch meistens steht das Johanniskraut schon vor dem 24. Juni oder auch erst weit danach in voller Blüte. Das kommt immer auf die jeweilig herrschenden Wetterbedingungen an. Daher – bei aller Liebe zu den alten Ritualen – solltest Du Dir die Pflanze genau ansehen, wenn Du dieses Kraut sammeln möchtest um es anschließend zu verwenden. Blüht sie bereits, kannst Du Dich an ihr bedienen.

Als Faustregel solltest Du Dir merken, dass die beste Sammelzeit für das Johanniskraut Mitte Juni bis Anfang September ist!

Auf dem Internetportal PhytoDoc findest Du zwei Artikel, die Dir Tipps zum Sammeln von Pflanzen und zum anschließenden Konservieren und Aufbewahren geben. Beide Artikel stammen übrigens von mir.

Kuriose Geschichten zum Johanniskraut

Nach dem Volksglauben hält die Pflanze Verhexungen fern, wovon auch die anderen Namen des Johanniskraut, wie Hexenkraut und Teufelsflucht zeugen. Denn die Öldrüsen der Pflanze, die die Menschen früher für Löcher gehalten haben, soll der Teufel dem Kraut zugefügt haben. Laut einer Geschichte war er so erbost über die starke Heilkraft dieser Pflanze und ihrer abschreckenden Wirkung auf Hexen, Dämonen und Teufel, dass er das Johanniskraut mit Nadeln durchstochen hat. Daher steht in der Chemnitzer Rockenphilosophie auch zu lesen: „Sanct Johanniskraut ist von so großer Kraft / den Teufel und Hexen zu vertreiben / dahero auch der Teufel aus Boßheit / dieses Krautes Blätter mit Nadeln durchsticht.“

Bis Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts war es zudem in einigen Gegenden Deutschlands Brauch, am Johannitag einen geflochtenen Kranz dieses Krauts auf das Dach seines Hauses zu werfen. Das sollte das Haus vor Blitzeinschlag schützen.

So, und nun nichts wie los und dieses tolle Kraut gesammelt! Ich wünsche Dir viel Spaß dabei und viele entspannte Natur-Momente,
Heidemarie