Der Weißdorn ist einer der Protagonisten im bekannten Märchen „Dornröschen“: Die Spindel, mit der sich die Königstochter den Finger stach! Diese soll aus dem Holz des Strauches bestehen.

Von hartem Holz und Zauberstäben

Der Weißdorn war bereits in früheren Zeiten für sein hartes Holz bekannt. Daraus leitet sich auch der Gattungsname Crataegus ab, welches dem griechischen Wort „krataios“ entstammt und „stark“ bedeutet. Deswegen wurde das Holz auch für viele Zwecke verwendet: Neben Spindeln wurden auch weitere robuste Werkzeugteile, zum Beispiel die Griffe der Schmiedehämmer, daraus hergestellt.

Spazierstöcke wurden ebenfalls aus seinem Holz gefertigt. Jedoch nicht aufgrund des harten Holzes (um sich damit vor eventuellen Angreifern schützen zu können und denen etwas auf die Glocke zu hauen…), sondern weil das Holz eine Schutzwirkung versprach. Auch Amulette oder „einfache“ Schutzstäbe wurden aus diesem Grund daraus hergestellt.

Und noch einmal ein Ausflug in die Fantasy-Welt: Draco Malfoy, der Gegenspieler von Harry Potter in Hogwarts, besaß einen Zauberstab aus Weißdornholz!

Mit dem Weißdorn schläft sich’s besser

Der Glaube an diese Schutzwirkung entstammt wahrscheinlich der Tatsache, dass in früheren Zeiten, als Felder und Höfe noch nicht von Zäunen, sondern von lebenden Hecken von denen der Nachbarn abgegrenzt wurden, der Weißdorn den Hauptteil dieser Hecken ausmachte. Davon zeugt auch sein anderer deutscher Name: Hagedorn. Denn „hag“ bedeutet Umfriedung.

Dabei wurde dieser Strauch nicht umsonst als lebende Hecke ausgewählt: Aufgrund seiner dornigen Äste bildet er eine undurchdringliche Barriere, die sowohl Menschen als auch Tiere abhielt. Und nicht nur diese: Auch der Wind wurde an der Hecke gebrochen und konnte dadurch nicht mehr über die Felder wehen und den Boden abtragen. Wahrscheinlich entstammt daher der Spruch, dass überall dort, wo eine Weißdornhecke Schutz gibt, Mensch und Tier gut schlafen können. Ein weiterer Name dieses Strauchs ist deswegen auch „Schlafbäumchen“.

Es ist also kein Wunder, dass heutzutage, wo es fast keine lebenden Hecken mehr gibt und mit Chemikalien behandelte Holzzäune die Grundstücke begrenzen, die Menschen so viele Schlafprobleme haben…

Der Weißdorn hat eine große ökologische Bedeutung

Der Strauch verspricht jedoch nicht nur uns Menschen Schutz: Kleinere Vögel finden in dem undurchdringlichen Gestrüpp, welches diese Hecke bildet, einen vor Fressfeinden und Nesträubern sicheren Brutplatz. Und seine roten Beeren, die in Herbst reifen, bescheren ihnen einen reich gedeckten Tisch bis weit in den Winter hinein.

Deswegen haben solche Hecken eine hohe ökologische Bedeutung. Vor allem in Schleswig-Holstein werden sie, die dort den Namen „Knicks“ tragen, besonders geschützt. Knicks werden gebildet aus einem Erdwall, der dicht mit den verschiedensten Gehölzen, unter anderem Weißdorn, Schlehdorn, Hasel, Hundsrose und vielen weiteren, bewachsen ist. Und in diesen Gehölzen finden nicht nur Vögel, sondern auch Kleinsäuger, wie beispielsweise die Haselmaus, einen sicheren Zufluchtsort. In einer ansonsten baum- und strauchlosen Agrarlandschaft stellen diese Knicks somit die letzten Refugien für zum Beispiel Neuntöter, Dorngrasmücke und Goldammer dar, deren natürliche Lebensräume (offene, strukturierte Landschaften mit vielen Hecken und Dornenbüschen) ansonsten kaum noch existieren.

Eine Schutzpflanze für das menschliche Herz

Der Weißdorn ist also eine typische Schutzpflanze. Doch nicht nur als Hecke oder als Spazierstab kann er seine Wirkung entfalten. Auch Blätter, Blüten und Beeren stehen dem nicht nach – vor allem für uns Menschen. Dabei betrifft seine Schutzwirkung vor allem das Herz. Das ist in der Volksmedizin schon lange bekannt, weswegen es diverse Rezepturen für Teemischungen, Tinkturen, Tropfen, Weine und Liköre gibt. Mittlerweile sind seine Inhaltsstoffe auch in diversen Fertigpräparaten enthalten.

Über die Wirkungen der Weißdorn-Tropfen hat der Homöopath Dr. Ernst Gardemin sogar eine Reimregel verfasst:

Niemand sieht es dem Weißdorn an,
was er alles leisten kann:
Wenn ein Mensch mit krankem Herzen
vor Beklemmung, Angst und Schmerzen
Tag und Nacht verzweifelt klagt
und am Leben fast verzagt
nehm´ er voll Vertrauen nur
ein paar Tropfen der Tinktur
und sein Zustand, erst so kläglich,
wird bald wieder ganz erträglich.
Es beruhigt auch das Herz
und beseitigt Angst und Schmerz,
und der Schlaf, oft schwer gestört
binnen kurzem wiederkehrt.
Grad bei solchen Herzanfällen,
die den Kranken furchtbar quälen,
merke dieses Mittel dir
als ein Lebenselixir.

Die Inhaltsstoffe, die dieses bedingen, sind Flavonoide und Procyanidine, welche vor allem in den Blüten enthalten sind. Dabei entfaltet der Weißdorn seine Wirkungen besonders gut am älteren Herzen und hilft hier bei Herzschwäche, leichtem Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Störungen. Die Therapie mit Weißdornpräparaten hat jedoch ausschließlich prophylaktischen Charakter. Bei akuten Herzerkrankungen wird weiterhin auf Digitalispräparate zurückgegriffen, wobei er jedoch auch hier stärkend und schützend in Kombination mit diesen stärkeren Mitteln eingesetzt wird.

Also eine Schutzpflanze durch und durch! Und ein weiterer Beweis, dass die Natur eine wahre Kraftquelle ist!