128 Kilometer schlängelt sich der Neckarsteig von Heidelberg bis Bad Wimpfen durch den südlichen Odenwald und bietet für jeden Geschmack etwas: Vielfältige Wald- und Wiesenlandschaften, malerische Dörfer, beeindruckende und romantische Burgen und Burgruinen und dazwischen immer wieder atemberaubende Ausblicke auf das Neckartal.
Der Neckarsteig ist ein anspruchsvoller Wanderweg
Auf dem Neckarsteig geht es auf und ab: Mit insgesamt 3000 Höhenmetern, die sich über die gesamte Strecke verteilen, gehört dieser Wanderweg zu den anspruchsvolleren seiner Art. Bereits in Heidelberg, dem Startpunkt, geht es hoch hinauf: Beginnend am Heidelberger Schloss geht es über die Himmelsleiter, eine aus ungleichen Sandsteinen grob gehauene Treppe, 559 Meter hinauf zum Königsstuhl. Allerdings gibt es auch die Möglichkeit, es geruhsam anzugehen und sich gemütlich mit der Bergbahn hochschaukeln zu lassen. Dabei ist vor allem die zweite Bergbahn – welche von der Molkenkur aus startet – spektakulär. Ist diese doch eine der ältesten elektrisch betriebenen Bergbahnen in Deutschland und kann sogar als Kulturdenkmal mit besonderer Bedeutung einen Eintrag im Denkmalbuch des Landes vorweisen!
Auf dem Königsstuhl angekommen, folgt man dann ganz einfach dem blauen, geschwungenen N auf weißem Grund. Das ist das Zeichen des Neckarsteigs, welches nicht nur den Wegverlauf vorgibt, sondern auch gleichzeitig andeutet, dass man immer das blaue Band des Neckars im Blick haben wird.
Nur Steine oder was?
Die Gegend rund um Heidelberg ist geprägt von rotem Sandstein, der immer wieder in Aufschlüssen durchblitzt. Und auch das Felsenmeer, ein beeindruckendes Naturschutzgebiet welches auf der ersten Etappe des Neckarsteigs liegt, wird Geologen, Biologen und auch andere Naturbegeisterte faszinieren: 50.000 Quadratmeter weit weist das Gebiet beeindruckende, teil mehrere Meter große Steine auf, die fast alle von diversen Moosen und Flechten überwachsen sind. Insgesamt wurden hier 89 Moos- und 37 Flechtenarten gezählt, unter anderem das als stark gefährdet eingestufte Grüne Koboldmoos (Buxbaumia viridis) und das Leuchtmoos (Schistostega pennata), welches seinem Namen seiner Reflexion von Licht verdankt.
Das Felsenmeer auf der ersten Etappe des Neckarsteigs weist viele von Moosen und Flechten bewachsene Steine auf, die von der Eiszeit in dieser Formation zurückgelassen wurden.
An diesem Aufschluss kann man sehr gut sehen, dass das Gebiet rund um Heidelberg aus rotem Sandstein besteht.
Neben diesen naturbelassenen Steinen gibt es jedoch noch andere, die von Menschenhand geformt wurden. Und die werden vor allem die romantisch veranlagten Wanderer unter uns begeistern: Die Burgen und Ruinen, die den Neckarsteig säumen. Und das ist in der Tat nicht übertrieben: Sage und schreibe 20 Burgen und Ruinen liegen wie Perlen auf einer Kette aufgereiht entlang des Weges und warten nur darauf, dass die Wanderer ihre Schönheit und Erhabenheit wahrnehmen und – sofern möglich – sich auch in ihr Innerstes oder Oberstes begeben und sich dort wie in der Zeit zurückversetzt fühlen.
Burgen und Ruinen – eine schöner als die andere
Natürlich ist das Heidelberger Schloss die bekannteste dieser Burgen. Doch auch die anderen brauchen sich wahrlich nicht zu verstecken.
Die Burgfeste Dilsberg beispielsweise, die auf dem gleichnamigen Berg über Neckargemünd thront, und von deren Treppenturm der Wanderer – sofern er willens ist, die Stufen hochzusteigen – einen fantastischen Ausblick über Neckartal und Odenwald erhält.
Oder die gut erhaltene mittelalterliche Burganlage Hirschhorn aus dem 12. Jahrhundert, in der in der alten Zeit die Ritter von und zu Hirschhorn wohnten. Heutzutage beherbergt die restaurierte Burg ein Hotel, in dem es sich elegant über dem romantischen Neckartal nächtigen lässt.
Auch die Ruine Stolzenbeck, obwohl nur in Teilen erhalten, lädt zu einem fantastischen Ausblick ein: Über die – sehr gut erhaltene und befestigte – Schildmauer hat der Wanderer, der es auf dem Neckarsteig bis hierher geschafft hat, einen wunderbaren Blick über Neckar und Odenwald bis nach Eberbach.
Last but not least gibt es die Burg Guttenberg, die auf der achten Etappe des Neckarsteigs liegt. In dieser befinden sich ein Burgmuseum und außerdem die Deutsche Greifenwarte. Hier kann man nach der anstrengenden Wanderung prima pausieren und dabei eine Flugvorführung mit Adlern und Geiern genießen.
Wer auf den Treppenturm der Feste Dilsberg hochsteigt…
…kann einen spektakulären Ausblick auf das Neckartal und den Odenwald werfen.
Auf dem Alternativweg zur 5. und 6. Etappe des Neckarsteigs kann der Wanderer einen Blick auf das imposante Schloss Zwingenberg werfen.
Unbedingt Zeit für Abstecher einplanen!
Der komplette Neckarsteig kann natürlich nicht in einem Tag erwandert werden. Insgesamt gibt es neun Etappen, die auf der nach diesem Wanderweg benannten Website genauer vorgestellt werden: https://neckarsteig.de/de/startseite.
Jedoch tut man gut daran, sich nicht allzu akribisch an diese, als Vorschlag zu betrachtenden Touren, zu halten. Denn entlang des Weges gibt es genug zu sehen und zu staunen, so dass der Wanderer gut beraten ist, genügend Zeit auch mal für den einen oder anderen Abstecher einzuplanen. Gar nicht zu reden davon, dass die Ausgangs- und Startpunkte jeder Wanderetappe auch einer näheren Betrachtung wert sind, die durchaus einen ganzen Tag in Anspruch nehmen kann.
Wer schon einmal in Heidelberg war, wird wissen, was ich meine: So klein und beschaulich sich die Stadt am Neckar zwar gibt, findet der Besucher hier vieles, was anzuschauen sich lohnt. Beispielsweise der Heiligenberg auf der anderen Neckarseite, gegenüber dem Königsstuhl. Auf dem Scheitelpunkt thront die Michaelsbasilika, welche zwar nur noch in Ruinen enthalten ist, aber dennoch einen Besuch lohnt. In einigem Abstand rund um dieses ehemalige Kloster findet man sogar zwei konzentrische Wälle aus der Keltenzeit, die darauf schließen lassen, dass dieser Berg bereits im vierten und fünften Jahrhundert vor Christus besiedelt war!
Auch die Städte auf dem Neckarsteig sind einen Besuch wert
Doch ist Heidelberg nicht der einzige Ort entlang des Neckarsteigs mit einer geschichtsträchtigen Vergangenheit, den man sich bei einem Besuch genauer anschauen sollte. Hirschhorn wird beispielsweise nicht umsonst „die Perle des Neckars“ genannt! Bei einem Spaziergang auf dem historischen Stadtrundgang kommt man auf schmalen, fast schon mittelalterlich anmutenden Gässchen an etlichen hübschen Fachwerkhäusern vorbei. Mittelalterlich bleibt es auch in Mosbach und Bad Wimpfen. Hier findet der kulturell interessierte Wanderer, der sich die Zeit und Muße für eine Stadterkundung nimmt, ebenfalls viele mittelalterlich anmutenden Gässchen, idyllische Fachwerkhäuser und jeweils einen historischen Stadtkern.
Daneben gibt es jedoch auch einige moderne Städte. Bad Rappenau beispielsweise punktet durch großzügige Parkanlagen, ein modernes Sole-Heilbad und sogar ein Gradierwerk. Hier lässt sich – nach einem anstrengenden Wandertag – beispielsweise ein ruhiger und gemütlicher Wellnesstag einschieben.
Und nicht zu vergessen natürlich die Vierburgenstadt Neckarsteinach. Wie der Name bereits vermuten lässt finden sich vier der 20 Burgen des Neckarsteigs in diesem kleinen Städtchen. Davon sind zwar zwei bewohnt – Vorder- und Mittelburg – und können deswegen nur von außen betrachtet werden. Die anderen beiden jedoch – Hinterburg und Burg Schadeck (auch Schwalbennest genannt und das nicht ohne Grund!) –, obwohl nur noch Ruinen, sind umso spannender zu erkunden und können in Teilen sogar begangen werden!
Drei der vier imposanten Burgen von Neckarsteinach.
Atemberaubende Ausblicke und spektakuläre Schluchten
Wer jetzt den ganzen 128 Kilometer langen Wanderweg entlangläuft, wird immer wieder mit atemberaubenden Ausblicken auf den Neckar belohnt. Doch verläuft der Neckarsteig nicht nur an den Flanken des Flusses entlang. Er schlängelt sich auch mal durch Wald und Wiesen, führt auf bewaldete Höhen, an Buntsandstein- und Muschelkalkaufschlüssen vorbei und auch mal durch Schluchten.
Die spektakulärste davon ist mit Sicherheit die Margaretenschlucht, die nur bei guter Witterung durchquert werden sollte. Zum einen, weil bereits bei gutem Wetter immer wieder zahlreiche Wasserstellen passiert werden müssen, die bei Regen oder kalten Temperaturen teilweise nicht mehr oder nur sehr mühsam überquert werden können. Zum zweiten führt der Wanderweg über Felsstufen an Steilwänden entlang, bei denen man einen guten Tritt braucht. Glitschige Stellen – durch Regen oder Schnee verursacht – können daher schnell gefährlich werden!
Die kleine Schwester der Margaretenschlucht ist die Wolfsschlucht. Diese gehört jedoch nicht direkt zum Neckarsteig, sondern zum Katzensteig, einem Alternativweg der 5. und 6. Etappe, welcher von Eberbach aus begangen werden kann und zum Katzenbuckel, dem höchsten Berg im Odenwald, hinaufführt. Bevor der Wanderer bei Zwingenberg vorbeikommt, gelangt er in die Wolfsschlucht, die – genau wie auch die größere Schwester – am besten nur bei gutem Wetter begangen werden sollte. Denn auch hier müssen einige Wasserstellen durchquert werden und der Weg windet sich ebenfalls an einigen, mit Seilen zusätzlich gesicherten Steilwänden entlang.
Sagenhafte Aussichten auf das Neckartal und den Neckar auf der ersten Etappe des Neckarsteigs.
Sagenhafte Aussichten auf das Neckartal und den Neckar: Vom Aussichtspunkt Goetheblick (auf der dritten Etappe).
Auch individuelle Touren sind möglich!
Doch so anstrengend und kräftezehrend es sich vielleicht anhören mag: Der Neckarsteig ist ein Wanderweg, den zu wandern es sich lohnt. Nicht nur weil es sich dank des Odenwaldes prima Waldbaden und so die Natur als Kraftquelle erfahren lässt. Wer beispielsweise keine Lust hat, den ganzen Weg an neun (oder mehr) aufeinanderfolgenden Tagen zu bewandern, kann sich auch nur eine oder zwei Etappen vornehmen. Denn die Start- und Endpunkte sämtlicher Etappen sind sehr gut an den öffentlichen Personennahverkehr angebunden. Daher spricht nichts dagegen, sich in einer Stadt einzuquartieren und beispielsweise an einem Tag in die eine Richtung zu laufen und am anderen Tag in die andere. Zum Startpunkt zurück kommt man in jedem Fall bequem mit Bahn oder Bus. Und auch das blaue, geschwungene N auf weißem Grund ist in beiden Richtungen in regelmäßigen Abständen an Bäumen, Steinen oder Holzpfosten angebracht, was individuelle Touren erlaubt.
Wer also seinen Urlaub für dieses Jahr noch nicht vollständig verplant hat, vielleicht wäre ja der Neckarsteig oder zumindest Teile davon ein attraktives Ziel?